Es liegt in der Natur der Dinge, dass mit zunehmendem Alter die Bewegungsfähigkeit, die Kraft und die Konzentration nachlassen – und das ganz allmählich: Älteren Menschen fällt es immer schwerer, die alltäglichen Arbeiten und Aufgaben zu erledigen. Und dann kommt der Zeitpunkt, an dem sie Unterstützung benötigen. Oft genug sorgen sinnvolle Hilfsmittel dafür, dass Senioren auch mit krankheits- oder altersbedingten Einschränkungen gut im Alltag zurechtkommen. Ein guter Grund, sich näher mit dem komplexen Thema Hilfsmittel auseinanderzusetzen.
Hilfsmittel – was ist das eigentlich?
Die Definition lautet:
Als Hilfsmittel für Senioren werden allgemein Geräte oder Gegenstände bezeichnet, die dabei unterstützen,
- den Alltag möglichst eigenständig zu bewältigen,
- körperliche Defizite bestmöglich auszugleichen
- die Entwicklung des Gesundheitszustandes zu beobachten und/oder
- die häusliche Pflege zu vereinfachen.
Die medizinische Notwendigkeit derartiger Hilfsmittel muss von einem Arzt festgestellt werden, um eine entsprechende Verordnung zu begründen. Das Hilfsmittelverzeichnis bzw. der Hilfsmittelkatalog der gesetzlichen und privaten Kranken- bzw. Pflegeversicherungen, die für die Kosten einstehen, umfasst deswegen
- technische Hilfsmittel
- medizinische Hilfsmittel
- orthopädische Hilfsmittel
- Hilfsmittel für die Pflege
- Hilfsmittel für die Körperpflege sowie
- Hilfsmittel zum Sehen und Hören
Separat zu betrachten sind die Hilfsmittel für die Pflege von Senioren, die unterstützende Maßnahmen zur Ermöglichung oder Erleichterung der häuslichen Pflege umfassen – diese werden von der Pflegeversicherung übernommen, sobald ein Pflegegrad anerkannt wurde.
Lassen sich Hilfsmittel nicht eindeutig einordnen, weil sie zum Beispiel einerseits die Pflege erleichtern, andererseits aber auch eine Behinderung ausgleichen, dann werde diese als doppelfunktional eingestuft. Die Kosten werden dann anteilig sowohl von der Krankenversicherung als auch von der Pflegeversicherung übernommen.
Davon abzugrenzen sind die sogenannten Alltagshilfen für Senioren zur Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagsaufgaben. Sobald diese Hilfsmittel ärztlich verordnet sind, übernimmt die Krankenkasse die Kosten – alternativ die Senioren oder deren Angehörige selbst.
Technische Hilfsmittel
Ein Krampf oder ein Sturz können im Alter schnell lebensgefährliche Situationen zur Folge haben. Ist das Telefon nicht erreichbar, geraten die Betroffenen nicht nur in Panik, sondern können die lebenswichtige Hilfe nicht herbeirufen. Genau für diese Fälle gibt es einige technische Hilfsmittel, wie zum Beispiel der Senioren-Notruf, die den Senioren und deren Angehörigen nicht nur die Angst nehmen, sondern ihre Selbstbestimmtheit weitestgehend erhalten. Die wichtigsten technischen Hilfsmittel sind:
Hausnotruf
Der Hausnotruf, ein handlicher, wasserdichter Sender, sollte ständig getragen werden, sodass im Ernstfall per Knopfdruck die Notrufzentrale alarmiert wird. Diese nimmt dann direkt Kontakt auf und kann bei Bedarf die registrierten Kontaktpersonen oder den Rettungsdienst informieren.
Seniorenhandy
Diese Telefone sind mit ihren größeren Tasten nicht nur einfacher zu handhaben, sondern verfügen meist auch über einen automatischen Notruf und die wichtige Ortungsfunktion. Doch auch handelsübliche Smartphones lassen sich mit Notruf-Apps ausstatten, um im Notfall optimal zu unterstützen.
Mobiler Notruf
Diese Variante funktioniert wahlweise mit einem Seniorenhandy oder einem Handsender, über die die Notrufzentrale den Standort der Senioren feststellen und im Ernstfall Hilfe rufen kann – und das auch unterwegs.
Demenz-Ortungssysteme
Demenzerkrankte verlieren vor allem in der frühen Phase relativ plötzlich die Orientierung – und das kann fatale Folgen haben. Umso wichtiger sind die Demenz-Ortungssysteme, die den Angehörigen Sicherheit geben: Der GPS-Sender gibt schnell darüber Aufschluss, wo sich der Erkrankte genau befindet.
Warnmelder für Demenzerkrankte
Um die Risiken zu minimieren, wenn zum Beispiel der Herd nicht ausgeschaltet oder der Wasserhahn nicht geschlossen wird, lassen sich verschiedene Warnmelder installieren. Dazu zählen beispielsweise neben dem Herdwächter Wasser- und Rauchmelder.
Vernetzte Systeme
Intelligent vernetzte Technik ergibt ein Ambient Assisted Living (AAL), das Senioren im Alltag optimal unterstützt: Sensoren können Stürze erkennen und Hilfe rufen, Haustechnik lässt sich einfach bedienen, Notsituation lassen sich automatisch erkennen – hier eröffnet sich ein interessanter Spielraum.
Medizinische Hilfsmittel
Körperfunktionen sollten vor allem bei Senioren laufend überwacht werden, hier kommen die medizinischen Hilfsmittel ins Spiel – angefangen beim Blutdruckmessgerät oder Blutzuckermessgerät bis hin zu vernetzten AAL-Systemen, die die Daten automatisch an den relevanten Arzt übermitteln. Folgende Hilfsmittel gelten als medizinische:
Blutdruckmessgeräte
Blutdruckmessgeräte sind grundsätzlich frei verkäuflich, die Kosten bewegen sich zwischen 15 und 40 Euro. In vielen Fällen werden die Geräte von der Krankenkasse bezahlt, wie zum Beispiel:
- bei einem schwierig mit Medikamenten einzustellenden Bluthochdruck
- bei Bluthochdruck mit daraus folgenden Schäden an Nieren und Gefäßen
- bei einer Organtransplantation zur Nachsorge
Blutzucker- und Blutgerinnungsmessgeräte
Die Krankenkassen beteiligen sich an den Kosten für diese Geräte, wenn eine chronische Erkrankung vorliegt, die eine regelmäßige Messung notwendig macht.
Inhalationsgeräte
Diese Geräte, wie zum Beispiel Inhalatoren bei Asthma, werden von den Krankenkassen komplett bezahlt.
Orthopädische Hilfsmittel
Ist die Mobilität eingeschränkt, weil beim Gehen oder auch Stehen zunehmend die Sicherheit fehlt, könne orthopädische bzw. therapeutische Hilfsmittel zur Verbesserung der Situation beitragen. Die Krankenkassen beteiligten sich nur bei Verordnung per Rezept an den Kosten, meist sind diese Hilfsmittel aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Hier einige gängige Beispiele:
Gehhilfen
Gehstock, Unterarmgehstütze, Gehgestell und Rollatoren – all diese Gehhilfen sorgen bei einer vorübergehenden oder dauerhaften Beeinträchtigung für eine sichere und bequeme Fortbewegung.
Rollstuhl
Können Senioren nur noch stark eingeschränkt oder gar nicht mehr gehen, bietet der Rollstuhl eine Alternative. Rollstühle werden in verschiedenen Varianten angeboten – bis hin zu elektrisch angetriebenen Modellen.
Treppenlift
Zur Bewältigung von Treppen können mobilitätseingeschränkte Senioren einen speziellen Treppenlift einbauen lassen. Diese zählen de facto jedoch nicht zu den Hilfsmitteln, sondern werden im Rahmen der wohnumfeldverbessernden Maßnahmen mit bis zu 4.000 Euro von der Pflegekasse bezuschusst, sofern die Genehmigung der Pflegekasse vorliegt und die Mittel nicht anderweitig ausgegeben wurden.
Elektromobile
Diese meist vierrädrigen und mit einem leisen Elektromotor ausgestatteten Mobile verschaffen Senioren einen deutlich größeren Bewegungsspielraum. Liegt ein Rezept vor, ist eine Erstattung durch die Krankenkasse bei einigen als Hilfsmittel anerkannten Modellen möglich. Die Pflegekasse sieht dies nicht vor.
Weitere Hilfsmittel zur Erleichterung der häuslichen Pflege sind vor allem für pflegende Angehörige vorgesehen. Dazu zählen zum Beispiel:
Lagerungshilfen und Pflegematratzen
Dabei handelt es sich einerseits um spezielle Kissen, die die schonende Positionierung von pflegebedürftigen Personen ermöglichen. So sollen Druckgeschwüre und das Wundliegen vermieden werden. Alternative Bezeichnungen für diese Rollen, Ringe und Schalen sind Antidekubitus-Hilfsmittel und Dekubitusprophylaxe-Hilfsmittel. Andererseits bestechen spezielle Pflegematratzen mit einem hohen Liegekomfort, aber auch geringerem Gewicht und pflegeleichter Handhabung. Darüber hinaus stehen u. a. zur Erleichterung der Pflege Wechseldruck-Systeme, die sich bei Bedarf mit Luft füllen lassen, und Matratzen mit Micro-Stimulation zur Verfügung, die die Eigenbewegung des Pflegebedürftigen erhalten.
Umsetzhilfen
Das Aufstehen und Umsetzen von pflegebedürftigen Menschen ist ausgesprochen schwer, Drehkissen, Transferhilfen wie Patientenlifter und Rutschbretter, aber auch Hebe und Haltegurte können hier effektiv unterstützen.
Hilfsmittel für die Pflege
Angehörige, die zu Hause einen Menschen mit Pflegegrad pflegen, können kostenlose Pflegehilfsmittel zum Verbrauch in Anspruch nehmen. Dazu zählen beispielsweise:
Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel
Grundsätzlich werden diverse kostenlose Pflegehilfsmittel bis zu einem Limit von 60 Euro monatlich von der Pflegekasse getragen – so die Regelungen bis Ende 2021, um die Hygienebedingungen zu Verbesserung und so das Infektionsrisiko zu reduzieren. In der Regel handelt es sich um Einwegprodukte wie Mittel zur Hände- und Flächendesinfektion, Mundschutz, Einweghandschuhe, Bettschutzeinlagen oder Schutzschürzen.
Inkontinenzhilfsmittel
Sobald eine mittelgradige Inkontinenz attestiert wird, übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Inkontinenzhilfsmittel – bis zu einem Höchstbetrag. Die wichtigsten vom Arzt zu verordnenden Produkte sind hier Windeln und Pants, Inkontinenzvor- und -einlagen sowie Unterlagen für die Matratze.
Um die kostenlosen Pflegehilfsmittel in Anspruch nehmen zu bekommen, ist bei der Pflegekasse ein Antrag auf Kostenübernahme zu stellen. Die wichtigsten Voraussetzungen sind:
- ein anerkannter Pflegegrad,
- die betroffene Person lebt zu Hause, bei der Familie, in einer Wohngemeinschaft oder für das betreute Wohnen vorgesehenen Einrichtung,
- die Pflege wird zumindest teilweise von Angehörigen, Bekannten oder Freunden gewährleistet.
Hilfsmittel für die Körperpflege
Die Sturzgefahr ist vor allem im Badezimmer sehr hoch, umso wichtiger sind die Hilfsmittel, die den Pflegealltag für alle Beteiligten deutlich leichter machen. Als Hilfsmittel für die Körperpflege gelten zum Beispiel:
Duschhocker und Duschstuhl
Die verschiedenen Modelle in unterschiedlichen Größen und mit zahlreichen Zusatzfunktionen erleichtern die Hygiene-Routine erheblich.
Badewannen-Liftsysteme und -Sitze
Sicher in die Badewanne und wieder hinaus gelangen – dazu sind spezielle Badewannen-Lifte gedacht: Die Vielfalt reicht von Tuchliftern über aufblasbare Kissen bis hin zum Lift mit Sitz. Alternativ kann ein Badewannensitz schon deutlich mehr Komfort und vor allem Sicherheit bringen.
Einsätze, Griffe und Aufrichthilfen für die Badewanne
Sinnvolle Hilfsmittel zur Sicherheit in der Badewanne sind Einsätze, die die Lände verringern, aber auch Sicherheitsgriffe an der Wanne, im WC und in der Dusche. Einige der Griffe lassen sich drehen, sodass sie als Aufstehhilfe genutzt werden können.
Toilettenhilfen
Die Toilettennutzung ist eine sehr intime Angelegenheit. Um diese ohne Hilfe zu erledigen, können in der Höhe verstellbare Sitze, Sitze mit integriertem Lift, Sitzerhöhungen, Armstützen, Toilettenstühle und natürlich auch Bettpfannen in Anspruch genommen werden.
Hilfsmittel zum Sehen und Hören
Behinderungen in der Sensorik stellen eine eigene Kategorie dar, für die es sinnvolle medizinische Hilfsmittel gibt. Sie sollen es den Betroffenen ermöglichen, Einschränkungen zu kompensieren und Eigenständigkeit zurückzuerhalten. Dazu zählen:
Sehhilfen
Hier sind grundsätzlich zwei Gruppen zu unterscheiden: Seehilfen, die die Sehschärfe verbessern wie Brillengläser und Kontaktlinsen, aber auch Bildschirmlesegeräte und Lupen, und Seehilfen zur Behandlungen von Erkrankungen und Verletzungen der Augen. Dazu gehören Brillengläser mit UV-Kantenfilter, Verbandschalen und -linsen.
Zuschüsse sind möglich, wenn
- schwere Verletzungen oder Erkrankungen der Augen vorliegen,
- das Sehvermögen selbst mit Brille nur höchstens 30 Prozent beträgt und/oder
- eine Hornhautverkrümmung mehr als vier Dioptrien ausmacht oder eine Kurz- oder Weitsichtigkeit von mehr als sechs Dioptrien vorliegt.
Hörhilfen
Die Hilfsmittel-Richtlinie umfasst verschiedene Hörhilfen, wie zum Beispiel Luftleitungs- und Knochenleitungs-Hörgeräte, bei vollständiger Taubheit auf einem Ohr CROS-Versorgung sowie Tinnitusgeräte.
Stimm- oder Sprechhilfen
Haben Menschen keine Stimmlippen mehr, weil zum Beispiel der Kehlkopf entfernt werden musste, können Stimm- oder Sprechhilfen die Verständigung über die Sprache wieder ermöglichen. Dazu wird eine Stimmprothese eingesetzt, die die notwendigen Töne erzeugt. Darüber hinaus gibt es Sprachverstärker, wenn beispielsweise das Sprechen nur noch sehr leise möglich ist. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten, wenn eine ärztliche Verordnung vorliege – und das auch für Wartung, Instandhaltung, Kontrolle sowie Schulungen.
Die Kostenerstattung – das ist zu beachten
Um die beschriebenen Hilfsmittel in Anspruch nehmen zu können, ist immer eine ärztliche Verordnung notwendig. Diese ist bei der Krankenkasse oder Krankenversicherung zur Genehmigung einzureichen. Gesetzliche Krankenkassen geben dann vor, bei welchem Sanitätshaus die Hilfsmittel zu beziehen sind. Werden die Kosten komplett übernommen, erfolgt die Verrechnung direkt mit der Kranken- oder Pflegekasse.
Bei privaten Krankenversicherungen kann es hier ebenfalls Sonderregelungen zur Kostenerstattung geben, die Details dazu finden sich in den relevanten Tarifbestimmungen. Grundsätzlich gilt aber auch hier das Prinzip, dass Versicherte zunächst in Vorleistung gehen, um sich die Kosten dann ganz oder teilweise erstatten zu lassen.
Wichtig:
Vor der Inanspruchnahme sollten Anspruchsteller erst mit dem Arzt und der jeweiligen Versicherung abstimmen, welche Kosten übernommen werden und wie die Verfahrensweise ist – das kann den privaten Geldbeutel deutlich entlasten.