Pflegeleistungen: Welche gibt es und wo kann man sie beantragen?
Unter den sogenannten Pflegeleistungen werden alle Leistungen des Staates zusammengefasst, die pflegebedürftigen Personen zustehen. Wer aber ist eine pflegebedürftige Person? Pflegebedürftig sind Sie oder einer Ihrer Angehörigen, wenn Ihnen ein Pflegegrad zugesprochen wurde. Hier werden die Pflegegrade von Eins bis Fünf unterschieden, die vor nicht allzu langer Zeit die Pflegestufen abgelöst haben. Die Pflegeleistungen haben gleich zwei primäre Ziele: Einerseits sollen sie die Angehörigen von pflegebedürftigen Personen bei der Pflege unterstützen. Gleichzeitig dienen sie dazu, das Leben der betroffenen Personen zu erleichtern und ihnen so viel Selbstständigkeit wie möglich zu gewährleisten. Lesen Sie in folgendem Artikel, welche Pflegeleistungen es gibt und wo diese beantragt werden können.
Die Höhe der einzelnen Pflegeleistungen
In welcher Höhe Sie Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, ist bei den meisten Bezügen von Ihrem Pflegegrad abhängig. Kleines Beispiel: Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 3 erhalten 545 Euro Pflegegeld im Monat; bei Personen mit Pflegegrad 5 sind es bereits 901 Euro. Folgende Leistungen stellen eine Ausnahme dar:
- Kurzzeitpflege
- Verhinderungspflege
- Betreuungs- und Entlastungsleistungen
- Hausnotruf
- Wohnraumanpassung
- Wohngruppenzuschuss
Die Höhe dieser vorgenannten Leistungen ist bei allen Pflegegraden gleich. Planen Sie zum Beispiel wohnraumverändernde Maßnahmen wie den Umbau des Bades, steht Ihnen ein einmaliger Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro zu. Dabei ist es egal, welchen Pflegegrad Sie besitzen. Die Kosten für den Hausnotruf wiederum sind auf maximal 23 Euro im Monat begrenzt. Für Pflegehilfsmittel gibt es eine monatliche Pauschale in Höhe von 40 Euro. Die Pauschale der Betreuungs- und Entlastungsleistungen ist mit 125 Euro monatlich etwas höher.
Alle anderen Leistungen der Pflegekasse und deren Höhe ist davon abhängig, in welchem Pflegegrad Sie eingestuft sind. Ein unabhängiger Gutachter wird Sie beziehungsweise Ihren Angehörigen zu Hause besuchen und den Pflegegrad anhand folgender Tabelle bestimmen:
- Selbstversorgung: Können Sie sich noch alleine waschen und versorgen?
- Können Sie mit Ihrer Krankheit alleine umgehen oder benötigen Sie regelmäßig Hilfe?
- Pflegen Sie noch Kontakte und wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
- Wie beweglich und mobil sind Sie?
- Wie sieht es mit Ihren kommunikativen Fähigkeiten aus?
Die Beurteilung erfolgt dann nach einem Punktesystem. Wer 27 bis 48 Punkte erreicht, ist schon stark in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt und wird in Pflegegrad 2 eingestuft. Liegt der Wert zwischen 70 und 90, liegt eine schwerste Beeinträchtigung
der Selbstständigkeit vor und betroffene Personen erhalten Pflegegrad 4.
Nun möchte man meinen, dass nur alten und gebrechlichen Menschen ein Pflegegrad zusteht. Nein, auch jüngere Menschen können einen Pflegegrad beantragen, wenn sie zum Beispiel an einer der folgenden Krankheiten leiden:
- Krebs
- Epilepsie
- Multiple Sklerose
- ALS
- Parkinson
- Dialysepatienten
- nach einem Schlaganfall
- bei psychischen Erkrankungen
- bei einer geistigen Behinderung
Den weitaus größten Teil der Pflegebedürftigen nehmen aber ältere Menschen ein, die häufig an Demenz leiden. Bis zum Jahr 2017 war das anders: Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Pflegegrade, sondern Pflegestufen. In eine Pflegestufe wurde man allerdings nur eingestuft, wenn man körperliche Gebrechen hatte. Demenzkranke wurden in Pflegestufe 0 eingruppiert. Seit dem Jahr 2017 erhalten diese Menschen den Pflegegrad 2 und haben demnach ebenso einen Anspruch auf die meisten Pflegeleistungen.
Was aber hat es mit den einzelnen Leistungen überhaupt auf sich? Wir versuchen, Ihnen einen genauen Überblick über die wichtigsten Pflegeleistungen zu geben.
Pflegegeld
Das Pflegegeld ist eine Pflegeleistung, die alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 erhalten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Person von einem Angehörigen zu Hause gepflegt wird. Ist der Pflegebedürftige in einem Pflegeheim untergebracht, wird kein Pflegegeld gezahlt. Das Pflegegeld könnte man daher auch als „Pflegegeld für selbst beschaffte Hilfen“ bezeichnen. Dieses Geld wird dem Pflegebedürftigen selbst ausgezahlt. Er soll es dazu nutzen, die ihn pflegenden Personen finanziell zu entschädigen. Das Pflegegeld wird monatlich überwiesen. Wichtig: Alle Pflegebedürftigen sind vom Gesetzgeber her verpflichtet, regelmäßig an Beratungsgesprächen teilzunehmen. Beim Pflegegrad 2 und 3 ist solch ein Termin einmal im halben Jahr zwingend. Pflegebedürftige vom Pflegegrad 4 und 5 müssen sogar alle Vierteljahre einen Beratungstermin wahrnehmen. Versäumen Sie diese Termine, kann Ihnen das Pflegegeld gekürzt oder sogar komplett gestrichen werden.
Die Höhe des Pflegegeldes teilt sich wie folgt auf:
- Pflegegrad 2: 316 Euro monatlich
- Pflegegrad 3: 545 Euro monatlich
- Pflegegrad 4: 728 Euro monatlich
- Pflegegrad 5: 901 Euro monatlich
Dieses Pflegegeld erhalten Sie dann, wenn Sie nachweislich seit mindestens einem halben Jahr auf die Pflege durch andere Personen angewiesen sind. Personen mit Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf die Gewährung von Pflegegeld.
Pflegesachleistungen
Ähnlich wie beim Pflegegeld ist auch die Höhe der Pflegesachleistungen davon abhängig, in welchem Pflegegrad Sie eingestuft wurden. Die Höhe variiert zwischen 689 Euro bei Pflegegrad 2 bis hin zu 1.995 Euro beim Pflegegrad 5. Der Unterschied der Pflegesachleistungen zum Pflegegeld ist schnell erklärt: Diese Art der Pflegeleistung erhalten Sie, wenn Sie sich von einem ambulanten Pflegedienst betreuen lassen.
Kurzzeit- und Verhinderungspflege
Bei diesen beiden Pflegeleistungen spielt es keine Rolle, welchen Pflegegrad Sie haben. Der Betrag, der Ihnen zusteht, beträgt bei jedem Pflegegrad pauschal 1.612 Euro. Die Kurzzeitpflege kann zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt für maximal acht Wochen in Anspruch genommen werden. Auch diese Art der Pflegeleistung dient dazu, den Angehörigen die Pflege zu erleichtern. Gleiches gilt für die Verhinderungspflege. Pflegen Sie einen nahen Angehörigen und können diese Pflege aufgrund eigener Krankheit oder Urlaub nicht durchführen, erhalten Sie Zuschüsse für die sogenannte Verhinderungspflege. Für bis zu sechs Wochen erhalten Sie dann einen pauschalen Betrag in Höhe von 1.612 Euro. Nutzen Sie die Kurzzeitpflege nicht, erhöht sich dieser Betrag sogar noch entsprechend. Gleiches gilt umgekehrt: Nutzen Sie die Verhinderungspflege nicht, erhalten Sie einen höheren Ausgleich für die Kurzzeitpflege.
Stationäre Pflegeleistungen
Diese Pflegeleistungen stehen allen Pflegebedürftigen zu, die stationär in einem Pflegeheim untergebracht sind.
Betreuungs- und Entlastungsleistungen
Haben Sie als Pflegebedürftiger Ihren monatlichen Anspruch auf Pflegesachleistungen nicht voll ausgeschöpft, können Sie diesen umwandeln: Bis zu 40 Prozent dieser Leistungen können Sie dann für Betreuungs- und Entlastungsleistungen einsetzen. Ein Beispiel für solche Leistungen sind die haushaltsnahen Dienstleistungen.
Kombinationsleistung
Werden Sie sowohl von einem nahen Angehörigen als auch von einem örtlich ansässigen Pflegedienst betreut, haben Sie die Möglichkeit, eine Kombinationsleistung aus Pflegegeld und Sachleistungen zu beantragen.
Hilfsmittel
Als Pflegebedürftiger sind Sie auf diverse Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Rolllatoren angewiesen. Die Pflegekasse erstattet einen Teil der Anschaffungskosten, wenn deren medizinische Notwendigkeit bewiesen ist. Welche Hilfsmittel es gibt, können Sie im sogenannten Hilfsmittelkatalog nachlesen. Unterschieden werden dabei Hilfsmittel wie Gehhilfen, Medikamente und Heilmittel, zu denen zum Beispiel Massagen und andere therapeutische Anwendungen zählen. Zu den Hilfsmitteln hingegen zählen zum Beispiel folgende Gegenstände:
- Gehhilfen
- Hörhilfen
- Bestrahlungsgeräte
- Atemtherapiegeräte
- orthopädische Hilfsmittel
- Toilettenstühle
Unter Hilfsmitteln versteht man also alle beweglichen Gegenstände. Ein Treppenlift würde nicht unter die Rubrik „Hilfsmittel“ fallen. Um einen Zuschuss zu den Hilfsmitteln zu erhalten, muss deren Notwendigkeit durch die Krankenkasse zugestimmt werden. Der Hausarzt stellt Ihnen in der Regel ein Rezept für ein Hilfsmittel aus. Dieses reichen Sie dann bei der für Sie zuständigen Krankenkasse ein. Bewilligt die Kasse das Hilfsmittel, zahlen Sie nur den gesetzlichen Zuzahlungsbetrag in Höhe von zehn Euro. Eine Ausnahme bilden die Hörgeräte: Sie müssen sie nicht von der Krankenkasse genehmigen lassen, sondern erhalten einen einmaligen Festzuschuss in Höhe von 1.500 Euro je Ohr. Wurde einem Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht zugestimmt, haben Sie das Recht, innerhalb von vier Wochen einen Widerspruch einzulegen.
Hausnotruf
Auf einen Hausnotruf sollten Sie nicht verzichten, wenn Sie pflegebedürftig sind. Er vermittelt Ihnen ein Gefühl von Sicherheit, denn dank eines Notrufsystems können Sie zu jeder Zeit einen Notruf absetzen. Für solch einen Hausnotruf erhalten Sie als Pflegebedürftiger jeden Monat eine Pauschale in Höhe von 23 Euro. Zudem bekommen Sie einen Festbetrag von 10,49 Euro für die einmalige Installation durch eine Fachfirma.
Für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, zu denen etwa die Einweghandschuhe gehören, erstattet die Pflegekasse monatlich einen Pauschalbetrag in Höhe von 40 Euro.
Zuschüsse für die Wohnraumanpassung
Die ebenerdige Dusche ist das beste Beispiel für wohnraumanpassende Maßnahmen. Ab einem bestimmten Alter werden Sie nicht mehr ohne fremde Hilfe aus der Badewanne kommen; schon gar nicht, wenn Sie pflegebedürftig sind. Planen Sie eine Maßnahme zur Verbesserung Ihrer Wohnqualität im Alter, erhalten Sie einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro von der Pflegekasse. Dazu zählen grundsätzlich alle Maßnahmen, die eine Barrierefreiheit schaffen. Eine Besonderheit: Wenn sich der Pflegegrad ändert, wird der Zuschuss nach Antrag mit etwas Glück erneut gewährt.
Die Wohnraumanpassung soll es pflegebedürftigen Menschen erlauben, solange es geht in ihrem gewohnten Umfeld wohnen zu bleiben. Auch wenn eine ambulante Pflege notwendig wird, sind diverse Umbauten meist nötig. Voraussetzung für den Erhalt des Zuschusses ist, dass Sie mindestens einen Pflegegrad besitzen. Folgende Maßnahmen werden von der Pflegekasse mit einem Zuschuss gefördert:
- Aufzüge und Treppenlifte
- neue Fenstergriffe in rollstuhlgerechter Höhe
- Ersatz der Badewanne durch eine ebenerdige Dusche
- Verbreiterung von Türen
Diese Liste könnte beliebig erweitert werden. Grundsätzlich sollte die Wohnung eines Pflegebedürftigen so ausgestattet sein, dass keine Stolperfallen vorhanden sind. Noch umfangreicher sind die baulichen Veränderungen, wenn der Pflegebedürftige im Rollstuhl sitzt. Dann müssen sich Lichtschalter und Arbeitsplatten in einer gut erreichbaren Höhe befinden. Eventuell müssen Türöffnungen vergrößert und ein barrierefreies WC eingebaut werden. Selbst die nachträgliche Installation von Bewegungsmeldern in der Wohnung ist eine bauliche Maßnahme, die von der Pflegekasse gefördert wird. Gleiches gilt für den Einbau einer Wechselsprechanlage. Es gibt aber auch einige bauliche Maßnahmen, für die Sie keinen Zuschuss erhalten. Dies betrifft zum Beispiel die Ausstattung der Wohnung mit einem Telefon oder Brandschutzmaßnahmen aller Art. Auch eine Rollstuhlgarage wird von der Pflegekasse nicht gefördert.
Anspruch auf einen Zuschuss bei wohnraumverbessernden Maßnahmen haben Sie bereits ab Pflegegrad 1. Der Zuschuss ist auf einen Betrag von 4.000 Euro begrenzt. Eine Ausnahme: Wohnen Sie mit mehreren Pflegebedürftigen in einer Wohngemeinschaft, stehen Ihnen insgesamt maximal 16.000 Euro zu. Sobald sich Ihr Pflegegrad ändert und damit eine weitere bauliche Veränderung in Ihrer Wohnung fällig wird, können Sie den Zuschuss erneut beantragen. Den Eigenanteil für die bauliche Maßnahme müssen Sie aus eigener Tasche begleichen. Kostet also beispielsweise Ihre neue Dusche 6.000 Euro, würde der Eigenanteil bei 2.000 Euro liegen.
Bevor Sie oder Ihr naher Angehöriger die vorgenannten Leistungen in Anspruch nehmen kann, muss zunächst ein Antrag auf einen Pflegegrad gestellt werden. Das kann sowohl bei der Pflegekasse als auch bei der zuständigen Krankenkasse erfolgen. Ist das erledigt, wird sich ein Gutachter des MDK mit Ihnen in Verbindung setzen. Er wird den Antragsteller zu Hause besuchen, um sich einen Überblick über den Schweregrad der Erkrankung zu verschaffen. Bei privat Versicherten ist es übrigens ein Mitarbeiter von MEDICPROOF, der Sie zu Hause aufsuchen wird.